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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Zuschriften an die Lokalpresse

Na, das ist end­lich mal eine tol­le Idee für die Tier­lie­be und den Kli­ma­schutz! Um den Tie­ren ihr Dasein vor der qua­li­ta­ti­ven Ver­wand­lung in Rou­la­den oder Sau­er­fleisch lebens­wer­ter zu gestal­ten und ihre leib­li­che Ver­än­de­rung in Vier-Ster­ne-Gau­men­freu­den wenig­stens hin­aus­zu­zö­gern, um ihren bedroh­li­chen Gas­aus­stoß zu sen­ken und ihre Trans­por­te zur Schlacht­bank kür­zer und beque­mer zu machen, wird aktu­ell eine Erhö­hung der Mehr­wert­steu­er für Fleisch­pro­duk­te ins knei­sten­de Auge gefasst! Es geht also nicht etwa nur um »Bio« oder um die Ver­träg­lich­keit von Lebens­mit­teln, son­dern vor allem um die Lebens­freu­de der Tie­re und den Schutz der Umwelt!

Die Augs­bur­ger All­ge­mei­ne, das neue deutsch­land, die Ber­li­ner Zei­tung, die Süd­deut­sche Zei­tung und ande­re Tages­zei­tun­gen erin­nern in ihren Bei­trä­gen dem Sinn nach dar­an, dass Tie­re letzt­lich auch nur Men­schen sind. Die Ber­li­ner Zei­tung greift sogar eine Debat­te der Tier­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on Peta auf und geht der Fra­ge nach, ob Fische Schmer­zen emp­fin­den, wenn sie am Haken zappeln.

Unter der Über­schrift »Ein rotes Tuch« berich­tet die Zei­tung an ande­rer Stel­le der­sel­ben Aus­ga­be dar­über, dass auf Mal­lor­ca nach offen­sicht­lich län­ge­rer Unter­bre­chung die Tau­ro­ma­quia, also die Stier­kämp­fer­kunst, auf­er­ste­hen soll. Geg­ner und Befür­wor­ter stün­den sich gegen­über, aber »kul­tu­rel­le Gewohn­hei­ten« las­sen sich nun ein­mal schwer aus der Welt schaf­fen. Da geht es dem orga­ni­sier­ten Tier­ge­met­zel nicht anders als der mili­tä­ri­schen Kraft­meie­rei zwi­schen den Men­schen. Die Stif­tung Kampf­stier in Madrid beru­hig­te die auf­wal­len­den Gemü­ter mit dem Hin­weis auf das Bedürf­nis des Men­schen, »sich dem Tod zu nähern, um sich leben­dig zu füh­len«. Ande­re Län­der, ande­re Sit­ten. Auf die­se Logik will ich gern ver­zich­ten – dazu genü­gen mir die täg­li­chen Mel­dun­gen von unter­schied­li­chen Kriegs­schau­plät­zen rund um den Glo­bus. »War­ten Sie nicht zu lan­ge, bis es zu spät ist«, war­ben die Ver­an­stal­ter für einen Stier­kampf, der an einem Frei­tag im August 2019 in der Are­na von Pal­ma de Mal­lor­ca ver­an­stal­tet wer­den soll­te (zitiert in: Ber­li­ner Zei­tung 9.8.2019).

Wie pro­phe­tisch erweist sich dage­gen eine rund 100 Jah­re zurück­lie­gen­de Fest­stel­lung Kurt Tuchol­skys: »In Spa­ni­en grün­de­ten sie ein­mal einen Tier­schutz­ver­ein, der brauch­te nötig Geld. Da ver­an­stal­te­te er für sei­ne Kas­sen einen gro­ßen Stier­kampf.« (Kurt Tuchol­sky: »Schnip­sel«, Rowohlt Taschen­buch Ver­lag 1995) – Wer­ner Weiß­nicht (47), Quer­ein­stei­ger, 55481 Metzenhausen

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Da sind die Stadt­vä­ter im hes­si­schen Bad Nau­heim doch auf eine nütz­li­che Idee gekom­men: Der »King of Rock ‘n‘ Roll«, Elvis Pres­ley, wur­de zum Ampel­männ­chen auf einer Fuß­gän­ger­am­pel qua­li­fi­ziert! Schließ­lich war er einst als US-Sol­dat im benach­bar­ten Fried­berg sta­tio­niert! Ich fin­de es gut, dass die Tages­pres­se die­ses Vor­ge­hen auch anders­wo wohl­wol­lend auf­griff, zum Bei­spiel in Neu­rup­pin oder in Ber­lin. Bie­tet die Nach­ah­mung der Idee doch die Mög­lich­keit, bekann­ten Per­sön­lich­kei­ten oder Gästen der Kom­mu­nen ein dau­er­haf­tes Denk­mal zu set­zen bezie­hungs­wei­se auf ihre Vor­bild­wir­kung hin­zu­wei­sen! Und es müss­te sich dabei nicht unbe­dingt nur um Per­so­nen der kul­tu­rel­len Sphä­re wie Fon­ta­ne oder Schin­kel han­deln, son­dern es könn­ten auch Poli­ti­ker, Wis­sen­schaft­ler oder ein­fach Mit­bür­ger gewür­digt wer­den, die sich durch ein beson­de­res sozia­les Enga­ge­ment her­vor­ge­tan haben! Außer­dem bestün­de die Chan­ce, durch die Zuord­nung in die Grün- oder Rot­pha­se bestimm­te Bewer­tungs-Modi ein­zu­bau­en! Viel­leicht könn­te die Ein­tra­gung in urba­ne Ehren­bü­cher oder die Aus­zeich­nung mit städ­ti­schen Ehren­me­dail­len auch an eine län­ge­re Pra­xis als Ampel­sym­bol geknüpft wer­den – das alles wäre noch eini­ger par­tei­über­grei­fen­der Über­le­gun­gen wert! – Kriem­hild Vor­schlä­ger (71), Rent­ne­rin, 92705 Leuchtenberg

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Unter der Titel­zei­le »Der Mythos vom Ver­zicht« wid­me­te sich Die Zeit am 11. Juli dem Umwelt­schutz und eröff­net eine Serie über den Sinn und Unsinn von Regu­lie­run­gen und Ver­bo­ten. Alle Alters­grup­pen, zahl­lo­se Regio­nal­be­hör­den in allen Him­mels­rich­tun­gen, unter­schied­lich­ste sozia­le Grup­pen, Kli­ma-Pro­fis und -Ama­teu­re, Par­tei­en und Inter­es­sen­ver­tre­tun­gen mel­den sich mit unter­schied­li­chen Aspek­ten zu Wort, pran­gern die ins­ge­samt dürf­ti­gen Fort­schrit­te bei der Ener­gie­um­kehr an und kri­ti­sie­ren die Kon­kur­renz wegen man­geln­der Akti­vi­tä­ten. Die klas­si­schen Lite­ra­ten for­mu­lier­ten einst: »Die Bot­schaft hör‘ ich wohl – allein, mir fehlt der Glaube!«

Es gibt wohl kaum ein Peri­odi­kum oder ein Regio­nal­blatt, in dem die Kli­ma­ver­än­de­rung nicht zum stän­di­gen Tages­ord­nungs­punkt gehört. Der dabei ver­tre­te­ne Tenor ist jedoch unter­schied­lich. Die Ber­li­ner Woche vom 17. Juli rät aus Umwelt­grün­den von Flü­gen ab und emp­fiehlt bei­spiels­wei­se Zug­rei­sen durch Russ­land und durch Chi­na. Das setzt aller­dings vor­aus, dass die Fahrt als Bestand­teil des Urlaubs ein­ge­plant wird, sonst bleibt zu wenig Zeit. Auf har­schen Wider­spruch stößt Bun­des­um­welt­mi­ni­ste­rin Sven­ja Schul­ze, die der Rhei­ni­schen Post gegen­über die Anhe­bung der Luft­ver­kehrs­ab­ga­be als not­wen­dig erachtet.

Im neu­en deutsch­land vom 18. Juli kom­men Leser­auf­fas­sun­gen aller Cou­leur zu Wort. In einer Kolum­ne ver­langt eine Ver­fas­se­rin unter der Über­schrift »Lasst uns die Köter abschaf­fen!«, die Betreu­ung und Züch­tung von Hun­den und Kat­zen ein­zu­stel­len. Sie emp­fiehlt, gegen alle Tier­hal­ter vor­zu­ge­hen, die ihre Vier­bei­ner »in einen Park schei­ßen las­sen« und rät, jeden abzu­stra­fen, der »einen Hun­de­kack­beu­tel ver­liert«. Dabei wird dar­auf ver­wie­sen, dass Pla­stik­tü­ten nicht recy­cel­bar sind.

Ich muss­te erst ein wenig dar­über nach­den­ken, ob das noch als Sati­re ver­stan­den wer­den kann. Ein wenig Rea­li­täts­sinn soll­te bei aller Ernst­haf­tig­keit doch noch blei­ben. Dann ent­schied ich mich abschlie­ßend für den Stand­punkt eines nd-Lesers vom 19. Juli: »Ver­gebt mir! Ich bin geflo­gen!« – Karl­hein­rich Kar­fun­kel, Frei­schaf­fen­der, 99310 Witzleben