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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Arthur Epperlein – ein hallescher Karikaturist

m Bücher­re­gal vie­ler älte­rer Hal­len­ser fin­det man sicher eine Rei­he schma­ler Bänd­chen mit einem auf­fäl­lig knall­bun­ten Ein­band: Epper-Bücher. Neu-Hal­len­ser wer­den dage­gen mit dem Namen über­haupt nichts anfan­gen kön­nen. Ein Grund also, sich ein­mal auf die Spu­ren von »Epper« zu machen – immer­hin begeht die Stadt an der Saa­le in die­sen Tagen sei­nen 100. Geburtstag.

Um es gleich vor­weg zu sagen: Epper hieß eigent­lich Arthur Epper­lein und erblick­te am 4. Juni 1919 in Dan­zig das Licht der Welt. Sein stren­ger Vater Max war preu­ßi­scher Mili­tär­mu­si­ker, der nach der Been­di­gung sei­ner mili­tä­ri­schen Lauf­bahn nach Hal­le gewis­ser­ma­ßen ins zivi­le Leben ver­setzt wur­de, wo er als Ober­inspek­tor im Ver­sor­gungs­amt tätig war. Spä­ter brach­te er sei­nem Sohn mit fast sol­da­ti­scher Dis­zi­plin das Kla­vier­spie­len bei.

In Hal­le besuch­te der klei­ne Arthur auch die Schu­le, sein Talent in den künst­le­ri­schen Fächern, vor allem beim Zeich­nen, fiel dort früh auf. Die natur­wis­sen­schaft­li­chen Fächer waren dage­gen nicht sein Metier, so dass er wohl sogar ein­mal sit­zen­blieb. Trotz­dem leg­te er 1938 sein Abitur ab und begann ein Stu­di­um an der Staat­li­chen Aka­de­mie für gra­phi­sche Kün­ste und Buch­ge­wer­be in Leip­zig. Die glück­li­che Stu­den­ten­zeit war aber nach sechs Seme­stern vor­bei, der Zwei­te Welt­krieg rief Epper­lein 1941 zu den Waf­fen, und auf dem Flie­ger­horst in Alten­burg erhielt er sei­ne Rekru­ten­aus­bil­dung. Nach einer schwe­ren Erkran­kung (»Nur noch bedingt kriegs­ver­wen­dungs­fä­hig«) wur­de er Sani­täts­feld­we­bel und stu­dier­te Medi­zin. Das Ende des Krie­ges erleb­te Epper­lein schließ­lich in Ita­li­en, wo er in eng­li­sche Gefan­gen­schaft geriet.

Im Mai 1946 hat­te es Epper­lein dann ins Ruhr­ge­biet, nach Essen, ver­schla­gen, dort fand er schnell Arbeit als Unter­hal­tungs­mu­si­ker. Gleich­zei­tig wur­de er KPD-Mit­glied und konn­te sich als Pla­kat­ma­ler etwas dazu­ver­die­nen. Im Herbst des Jah­res, als der Vater schwer erkrank­te, mach­te sich der Sohn auf den Weg nach Hal­le. Hier ver­dien­te sich Epper­lein zunächst als Kon­zert­pia­nist an der hal­le­schen Oper und mit klei­nen Wer­be­auf­trä­gen sein täg­li­ches Brot.

1950 konn­te sich Epper­lein als frei­schaf­fen­der Gra­fi­ker mit einem klei­nen Ate­lier in der Innen­stadt eta­blie­ren. Ab Ende 1953 erschie­nen dann die ersten klei­nen Illu­stra­tio­nen (meist zur Bebil­de­rung von Leser­brie­fen) in der dama­li­gen Frei­heit (SED-Organ des Bezir­kes Hal­le, heu­te Mit­tel­deut­sche Zei­tung). Es waren noch kei­ne Kari­ka­tu­ren, die ihn spä­ter so bekannt mach­ten – aber immer­hin der Beginn einer fast 40 Jah­re wäh­ren­den Zusam­men­ar­beit mit der Zeitung.

Über Jah­re hin­weg signier­te Epper­lein sei­ne Illu­stra­tio­nen mit einem schlich­ten »E«. 1956 tauch­te auf sei­nen Zeich­nun­gen der Namens­zug »Epper« auf und sei­ne Kari­ka­tu­ren erschie­nen ziem­lich regel­mä­ßig auf der letz­ten Sei­te der Frei­tags­aus­ga­ben. Die Hal­len­ser scherz­ten, dass sie an die­sem Wochen­tag die Zei­tung von hin­ten begin­nen wür­den. Fehl­ten die Witz­zeich­nun­gen ein­mal, hagel­te es in der Redak­ti­on Leser­be­schwer­den. Trotz­dem dau­er­te es noch eini­ge Jah­re, bis Epper­lein sei­ne per­sön­li­che und unver­wech­sel­ba­re künst­le­ri­sche Hand­schrift gefun­den hat­te. In den 1960er Jah­ren erschie­nen die ersten Epper-Bücher, die schnell zur »Bück­wa­re« und zum gefrag­ten Samm­ler­ob­jekt wurden.

Die Leser lieb­ten sei­ne Kari­ka­tu­ren, in denen er oft den sozia­li­sti­schen Han­del, die Hand­wer­ker oder die Büro­kra­ten auf die humo­ri­sti­sche Schip­pe nahm. Die Anre­gun­gen fand Epper­lein im All­tag, auf der Stra­ße, beim Arzt, im Muse­um, im Zoo …, aber auch in der Fan­ta­sie (in Rit­ter­bur­gen, im Harem oder im Welt­all). Kein Wun­der also, dass man auch außer­halb der Saal­e­stadt auf ihn auf­merk­sam wur­de. So konn­ten sich zum Bei­spiel Leser in der Sowjet­uni­on, in Bul­ga­ri­en und ande­ren Län­dern an sei­nen Zeich­nun­gen erfreu­en. Selbst in der Pres­se des »Klas­sen­fein­des« – wie der Welt, der Frank­fur­ter Rund­schau oder der Ham­bur­ger Mor­gen­post – wur­de Epper abge­druckt. Trotz des inter­na­tio­na­len Zuspruchs blieb Epper­lein Hal­le und sei­nem »Pres­se­or­gan« treu. Am 29. Dezem­ber 1995 starb Arthur Epper­lein, der ein­mal von sich sag­te, dass er »ganz übler Lau­ne sei, wenn [er] Wit­ze machen muss«.

Seit vie­len Jah­ren wer­den die rund zwan­zig Epper-Bücher in Reprint-Aus­ga­ben vom Ver­lag & Ver­lags­ser­vice Rüdi­ger Schnei­de­wind her­aus­ge­ge­ben, wo 2016 mit »Das etwas ande­re Epper­buch« auch eine Epper-Bio­gra­fie von Heinz Grün­klee erschien. Sie soll zum dies­jäh­ri­gen Jubi­lä­um eine umfas­sen­de Erwei­te­rung erfah­ren. Vom 29. August bis 13. Okto­ber wird es im Stadt­mu­se­um noch eine umfang­rei­che Aus­stel­lung zum 100. Geburts­tag des hal­le­schen Kari­ka­tu­ri­sten geben – schließ­lich gehört Humor auch zur Stadtgeschichte.