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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Krawumm und Bumm-Bumm

Mit­te Juni stan­den vier Män­ner zur sel­ben Zeit im Ram­pen­licht, wie sie unter­schied­li­cher nicht sein könn­ten: Phil­ipp Amt­hor, Jann-Hen­ning Dircks, Arnold Schwar­zen­eg­ger und Boris Becker.

Was Amt­hor und Dircks ver­band, war die klein­lau­te Reak­ti­on auf ihr Fehlverhalten.

Dircks wur­de eine Luft­auf­nah­me zum Ver­häng­nis. Sie zeig­te eine Trecker-Demon­stra­ti­on von 500 Bau­ern in Guns­büt­tel bei Oldens­wort im schles­wig-hol­stei­ni­schen Kreis Nord­fries­land. Die Land­ma­schi­nen bil­de­ten in der ein­bre­chen­den Dun­kel­heit mit ihren Schein­wer­fern ein gro­ßes »SH« für Schles­wig-Hol­stein. Und sie waren zu einer über­di­men­sio­na­len Dar­stel­lung eines Schwer­tes und eines Pflu­ges grup­piert, dem Wap­pen der rechts­extre­men Land­volk­be­we­gung in den 1920er Jah­ren ähnelnd. Hans Fal­la­das zeit­ge­schicht­li­cher Roman »Bau­ern, Bon­zen und Bom­ben«, ein »Minia­tur­mo­dell der kran­ken Wei­ma­rer Repu­blik, die sich ihren Hen­kern selbst aus­lie­fer­te« (Rowohlt Ver­lag), kam sofort in den Sinn. Es hagel­te Kri­tik. Und Dircks, Mit­in­itia­tor der Demo, sag­te den Husu­mer Nach­rich­ten mehr oder weni­ger selbst­kri­tisch: »Dass jetzt so ein Shits­torm über uns her­ein­bricht, damit habe ich nicht gerech­net. … Selbst­ver­ständ­lich distan­zie­ren wir uns von natio­nal­so­zia­li­sti­schem Gedan­ken­gut.« Von dem Land­volk-Wap­pen distan­zier­te er sich aller­dings nicht.

Ein Shits­torm brach auch über Amt­hor her­ein, als der Spie­gel von sei­ner Tätig­keit für ein US-ame­ri­ka­ni­sches Unter­neh­men und von diver­sen Ver­gün­sti­gun­gen berich­te­te, die er dadurch emp­fan­gen haben soll. Amt­hor, seit 2017 direkt gewähl­ter Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter der CDU des Wahl­krei­ses Meck­len­bur­gi­sche Seen­plat­te I – Vor­pom­mern-Greifs­wald II, ver­öf­fent­lich­te dazu eine Pres­se­er­klä­rung mit der Über­schrift: »Es war ein Feh­ler«. »Ein« Feh­ler, nicht »mein« Feh­ler. Und somit ist über die­sen soge­nann­ten Wun­der­kna­ben der CDU alles Bezeich­nen­de gesagt. Inzwi­schen hat Amt­hor sei­ne Kan­di­da­tur für den CDU-Lan­des­vor­sitz in Meck­len­burg-Vor­pom­mern zurück­ge­zo­gen. »Ech well dech Mores ken­nen lär­nen«, sagt man in deut­schen Lan­den. Die Redens­art gibt es schon seit dem 15. Jahr­hun­dert. Die The­ra­pie wirkt noch heute.

Aber es gab es ja noch Arnold aus der Stei­er­mark und Boris aus Leimen.

Arnold Schwar­zen­eg­ger, ehe­ma­li­ger Body­buil­der, Action-Hero mit viel Kra­wumm und von 2003 bis 2011 als Repu­bli­ka­ner der 38. Gou­ver­neur Kali­for­ni­ens, lief auf zur oscar­rei­fen Rol­le sei­nes Lebens. Aus­ge­rech­net auf Trumps bevor­zug­tem Kurz­nach­rich­ten­dienst Twit­ter rede­te er sich in Zorn. Minu­ten­lang nahm er sich die Demon­stran­ten zur Brust, die mit Nazi-Flag­gen durch US-ame­ri­ka­ni­sche Städ­te mar­schie­ren, das heißt mit Sym­bo­len, die für das »Abschlach­ten von Mil­lio­nen von Men­schen ste­hen«. Der ein­zi­ge Weg, »um die lau­ten und bösen Stim­men des Has­ses zurück­zu­schla­gen«, sei, ihnen ent­ge­gen­zu­tre­ten »mit kräf­ti­ger Stim­me, mit der Stim­me der Ver­nunft«. »Das schließt Sie ein, Prä­si­dent Trump. Als Prä­si­dent die­ses gro­ßen Lan­des haben Sie die mora­li­sche Ver­pflich­tung für die unzwei­deu­ti­ge Bot­schaft, dass Sie nicht für Hass und Ras­sis­mus ste­hen. Las­sen Sie sich hel­fen, die­se Rede zu schreiben.«

Und Arnold macht Vor­schlä­ge: Als Prä­si­dent und Repu­bli­ka­ner müs­se Trump die wei­ße Vor­herr­schaft zurück­wei­sen. In dem Land, das gegen die Armee Hit­lers gekämpft habe, sei kein Platz für Nazi­flag­gen. »War das schwer?«, fragt er und hält dabei eine klei­ne Trump-Figur hoch. »Sehen Sie, das war nicht schwer,« sagt der Ter­mi­na­tor von einst und lässt dabei die Prä­si­den­ten-Figur bei­fäl­lig mit dem Kopf nicken.

Direkt wen­det sich Schwar­zen­eg­ger mit einer kla­ren Aus­sa­ge an die »neu­en Nazis«, an die »wei­ßen Natio­na­li­sten« und »Neo-Kon­fö­de­rier­ten«: »Your heroes are losers.« »Ihr unter­stützt eine ver­lo­re­ne Sache. Ich ken­ne die ori­gi­na­len Nazis. Ich bin 1947 in Öster­reich gebo­ren.« Und er berich­tet, wäh­rend im Hin­ter­grund Auf­nah­men von Lei­chen­ber­gen mit KZ-Opfern und natio­nal­so­zia­li­sti­sche Umzü­ge gezeigt wer­den, von Kriegs­heim­keh­rern, von Tätern: »Und ich sage, die­se Gei­ster, die Ihr ideo­lo­gi­siert, haben ihr rest­li­ches Leben in Schan­de ver­bracht. Und jetzt sind sie in der Höl­le.« (Anm. K. N.: Jeweils eige­ne Über­set­zung aus dem ame­ri­ka­ni­schen Englisch.)

Noch schnell zu Boris Becker, der dies­mal Schlag­zei­len mach­te als Teil­neh­mer einer Black-Lives-Mat­ter-Demo in Lon­don, gegen Ras­sis­mus. Dafür ern­te­te er vie­ler­lei Kri­tik auf Twit­ter. Aber der Ten­nis-Pro­fi schlug zurück, eben­falls auf Twit­ter, ging in die Offen­si­ve, war plötz­lich wie­der wie einst in Wim­ble­don »Bumm-Bumm-Boris«: »Ich bin erschüt­tert, schockiert, erschrocken über die vie­len Belei­di­gun­gen n u r aus Deutsch­land für mei­ne Unter­stüt­zung der #Black­Li­ves­Mat­ter-Demo gestern in Lon­don! War­um, wes­halb, wie­so??? Sind wir ein Land von Ras­si­sten gewor­den …?« (zitiert nach stern online).

Arnold und Boris, das habt ihr gut gemacht. Respekt.