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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Wer hat recht, oh Salomo?

Die auch in den eige­nen Krei­sen gern zitier­te Flos­kel »drei Juri­sten, vier Mei­nun­gen« ist kei­nes­wegs aus der Luft gegrif­fen und mit­un­ter lei­der auch begrün­det. Die NPD war bei der gera­de erst ver­gan­ge­nen Wahl unter ande­rem mit Pla­ka­ten auf­ge­fal­len, auf denen zu lesen war: »Stoppt die Inva­si­on, Migra­ti­on tötet«. Dage­gen reg­te sich zu Recht hef­ti­ger Wider­stand, ins­be­son­de­re von Sei­ten der Stadt­ver­wal­tun­gen. In Sach­sen muss­ten die inkri­mi­nier­ten Pla­ka­te auf­grund einer Ent­schei­dung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts Baut­zen abge­hängt blei­ben, weil die Auf­fas­sung ver­tre­ten wur­de, dass der Inhalt der Pla­ka­te den öffent­li­chen Frie­den gefähr­det, die Men­schen­wür­de aller in Deutsch­land leben­den Migran­ten ver­letzt und sie ver­ächt­lich macht. Mit­hin han­delt es sich um Volks­ver­het­zung (Az.: 3 B 155/​19). Dem ist an sich nichts hin­zu­zu­fü­gen. In Sach­sen-Anhalt kam die Staats­an­walt­schaft Hal­le aller­dings im völ­li­gen Wider­spruch zur Auf­fas­sung des säch­si­schen OVG zu der Ein­schät­zung, eine Volks­ver­het­zung läge nicht vor. Für den Außen­ste­hen­den ist es nahe­zu uner­klär­lich, wie zwei unter­schied­li­che Behör­den zu völ­lig gegen­sätz­li­chen Auf­fas­sun­gen gelan­gen kön­nen. Als im Vor­feld der im Jahr 2017 durch­ge­führ­ten Wahl zum Deut­schen Bun­des­tag die AfD in Sach­sen-Anhalt mit Pla­ka­ten warb, auf wel­chem ein Kopf­bild­nis von Ernst Thäl­mann zu sehen und im obe­ren Bereich des Pla­kats zu lesen war »Am 24. Sep­tem­ber AfD wäh­len!« sowie am Fuße des Bild­nis­ses stand: »Ernst Thäl­mann wür­de AfD wäh­len!« war es auch die Staats­an­walt­schaft Hal­le, die der Auf­fas­sung gewe­sen ist, eine Ver­un­glimp­fung des Andenkens Ver­stor­be­ner läge nicht vor. Ver­leum­dung und üble Nach­re­de wür­den schließ­lich jeweils eine Tat­sa­chen­be­haup­tung vor­aus­set­zen, was vor­lie­gend nicht der Fall wäre. Es han­de­le sich nur um »eine Mei­nungs­äu­ße­rung, eine erkenn­bar in den Kon­junk­tiv gesetz­te Ver­mu­tung dar­über, was der Abge­bil­de­te wohl nach Auf­fas­sung des Beschul­dig­ten wähl­te, wenn er denn heu­te noch leb­te und zur Wahl gin­ge.« Das kann ver­mut­lich nur jemand schrei­ben, der sich mit dem Lebens­weg Ernst Thäl­manns und sei­nen poli­ti­schen Grund­über­zeu­gun­gen nicht befasst hat und dadurch nicht erken­nen kann, wel­che Unge­heu­er­lich­keit in der Behaup­tung auf den AfD-Pla­ka­ten steckt.