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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Lars Feld, libe­ra­ler Öko­nom: Die Grö­ße des Kuchens – Ver­ehr­te Herr Pro­fes­sor, Ihre Stim­me hat Gewicht. Als lang­jäh­ri­ges Mit­glied (und Vor­sit­zen­der bis Febru­ar 2021) des Sach­ver­stän­di­gen­rats zur Begut­ach­tung der gesamt­wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung fin­den Sie in Poli­tik und Öffent­lich­keit Gehör. Sie soll­ten Ihre Wor­te also stets gut wie­gen. Wäh­rend Ihrer Rede am Bran­den­bur­ger Tor (15. »Ber­li­ner Rede zur Frei­heit« am 19. April 2021) haben Sie, durch­aus bild­haft, von der »Grö­ße des Kuchens« fabu­liert. Statt über »Ver­tei­lungs­fra­ge« zu reden, soll­te sich die Poli­tik »auf die Ver­grö­ße­rung des Kuchens kon­zen­trie­ren«. Steu­er­erhö­hun­gen, gar eine »Ver­mö­gens­ab­ga­be« von Wohl­ha­ben­den zur Finan­zie­rung der Kosten der Coro­na-Kri­se oder eine »Wie­der­be­le­bung der Ver­mö­gens­steu­er« soll­ten tun­lichst »unter­blei­ben«. Statt­des­sen die alte Lei­er: Wachs­tum – also genau das Pro­gramm, das für vie­le Gegen­warts­pro­ble­me ver­ant­wort­lich ist. Wir mögen das nicht mehr hören. Dass die Rei­chen in der Kri­se noch rei­cher gewor­den sind (die 45 reich­sten Haus­hal­te in Deutsch­land besit­zen mehr als die »ärme­re« Hälf­te der Bevöl­ke­rung), dass die Staats­aus­ga­ben und die Staats­ver­schul­dung wegen der Mil­li­ar­den­ko­sten für den Kampf gegen die Pan­de­mie stei­gen, wäh­rend gleich­zei­tig die Ein­nah­men sin­ken, hal­ten Sie offen­bar für eine zu ver­nach­läs­si­gen­de, weil kurz­fri­sti­ge Unwucht. Jede poli­ti­sche Initia­ti­ve, das dadurch her­vor­ge­ru­fe­ne »Unwohl­sein« (kein Zitat!) zu besei­ti­gen, wäre für das »Wirt­schafts­wachs­tum beson­ders schäd­lich« (Ihre Wor­te). Ver­zei­hen Sie, Herr Sach­ver­stän­di­ger: Wer die Grund­re­chen­ar­ten halb­wegs beherrscht, muss hier wider­spre­chen (auch wenn Minus mal Minus Plus erge­ben). Ver­tei­lungs­po­li­tik ist kei­ne anti­öko­no­mi­sche »Gutmenschen«-Marotte, son­dern schlicht Gebot der poli­ti­schen Ver­nunft. Statt des Finanz­haus­halts soll­te zuerst die Gesell­schaft »kon­so­li­diert« wer­den. Und ein »gro­ßer Kuchen« hin und wie­der ist zwar schön, aber nicht, wenn wir dafür auf das »täg­lich Brot« ver­zich­ten sollen.