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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Finanz­amt für Kör­per­schaf­ten I des Lan­des Ber­lin. – Sie haben der Ver­ei­ni­gung der Ver­folg­ten des Naziregimes/​Bund der Anti­fa­schi­stin­nen und Anti­fa­schi­sten (VVN-BdA) die Gemein­nüt­zig­keit ent­zo­gen. Sie stüt­zen sich dabei auf einen Ein­trag des baye­ri­schen Ver­fas­sungs­schutz­am­tes in sei­nem Bericht für 2018. Dar­in heißt es: »In der VVN-BdA wird nach wie vor ein kom­mu­ni­stisch ori­en­tier­ter Anti­fa­schis­mus ver­folgt.« Gemeint ist ein (von der gro­ßen Mehr­heit der Histo­ri­ker geteil­ter) kapi­ta­lis­mus­kri­ti­scher Ansatz, der die histo­risch beleg­te Rol­le der Groß­kon­zer­ne als Finan­ziers und Nutz­nie­ßer des Hit­ler­fa­schis­mus nicht igno­riert. Hal­ten etwa auch Sie die Geschichts­wis­sen­schaft für größ­ten­teils »links­extre­mi­stisch beein­flusst«? Wei­ter heißt es im baye­ri­schen VS-Bericht: »Die­se Form des Anti­fa­schis­mus dient nicht nur dem Kampf gegen den Rechts­extre­mis­mus. Viel­mehr wer­den alle nicht mar­xi­sti­schen Syste­me – also auch die par­la­men­ta­ri­sche Demo­kra­tie – als poten­zi­ell faschi­stisch, zumin­dest aber als eine Vor­stu­fe zum Faschis­mus betrach­tet, die es zu bekämp­fen gilt.« Ver­ste­hen Sie das? Soll­ten Sie nicht lie­ber den baye­ri­schen Schlapp­hü­ten einen Deutsch­kurs emp­feh­len, statt sich sol­chen Unsinn zu eigen zu machen?

Olaf Scholz, Revier­ver­tei­di­ger bezüg­lich der Tages­po­li­tik. – Sie haben eine neue Gemein­nüt­zig­keits­ver­ord­nung inklu­si­ve neu­er Abga­ben­ord­nung ange­kün­digt. Danach soll Orga­ni­sa­tio­nen, die sich »all­zu sehr in die Tages­po­li­tik ein­mi­schen«, die Gemein­nüt­zig­keit ent­zo­gen wer­den. Ihnen dro­hen dann hohe Steu­er­nach­zah­lun­gen. An den Bei­spie­len von attac und der Kam­pa­gnen­platt­form Cam­pact wur­de bereits demon­striert, wie das aus­se­hen soll. Jetzt ist die Ver­ei­ni­gung der Ver­folg­ten des Naziregimes/​Bund der Anti­fa­schi­stin­nen und Anti­fa­schi­sten (VVN-BdA) dran, die sich seit 72 Jah­ren gemäß ihrem Ver­eins­zweck »Nie wie­der Faschis­mus! Nie wie­der Krieg!« in die Tages­po­li­tik ein­mischt und die­se nicht als exklu­si­ves Revier so ein­schlä­gig enga­gier­ten Par­tei­en wie der SPD über­lässt. Kön­nen Sie uns ver­ra­ten, wie wirk­sa­mes anti­fa­schi­sti­sches Enga­ge­ment ohne mög­lichst effek­ti­ve Ein­mi­schung in die Tages­po­li­tik aus­se­hen soll? Oder wol­len Sie das gar nicht?

Olaf Scholz, SPD. – Wis­sen Sie eigent­lich, dass der SPD-Vor­stand den 1948 gefass­ten Unver­ein­bar­keits­be­schluss, wonach SPD-Mit­glie­der nicht der VVN ange­hö­ren durf­ten, vor neun Jah­ren auf­ge­ho­ben hat? Im Übri­gen haben weder der SPD-Ukas aus der Nach­kriegs­zeit noch die wäh­rend der Ade­nau­er­ä­ra unter­nom­me­nen Ver­su­che, die VVN zu ver­bie­ten, zum Ver­stum­men der Orga­ni­sa­ti­on geführt. Wenn Sie es jetzt erneut ver­su­chen, wird das Ihrer Par­tei gewiss nicht aus dem Tief helfen.

Hei­ko Maas, Tritt­brett­fah­rer. – Kaum hat­ten CIA und Wei­ßes Haus in Washing­ton den selbst­er­nann­ten »Inte­rims­prä­si­den­ten« Vene­zue­las Juan Guai­dó als neu­es Staats­ober­haupt »poli­tisch aner­kannt«, da spran­gen Sie auf das Tritt­brett auf. Die von der US-Regie­rung mit Guai­dó ver­knüpf­ten Umsturz­hoff­nun­gen in Vene­zue­la haben sich bis­her nicht erfüllt, nicht zuletzt wegen Guai­dós Kor­rup­ti­ons­af­fä­re. Jetzt haben es die USA und die rei­che wei­ße Eli­te in Boli­vi­en geschafft, den indi­ge­nen Prä­si­den­ten Evo Mora­les aus dem Amt zu put­schen, und die Sena­to­rin Jea­ni­ne Áñez hat sich zur Über­gangs­prä­si­den­tin aus­ge­ru­fen. Die »Aner­ken­nung« sei­tens der USA folg­te auf dem Fuße. Und Sie? Wie gehabt: Die Put­schi­stin »als Inte­rims­prä­si­den­tin aner­kannt«. In Vene­zue­la ging es um Öl. In Boli­vi­en geht es um Lithi­um. Und bei Ihnen geht es um feh­len­des Rechts­be­wusst­sein und gna­den­lo­sen Opportunismus.

Huber­tus Heil, SPD, ver­hül­len­der Wort­jon­gleur. – Vor 20 Jah­ren waren drei Pro­zent der Rent­ner erwerbs­tä­tig. Dann kamen die sozi­al­de­mo­kra­ti­schen »Refor­men«, und seit­her führt der Weg immer tie­fer in die Alters­ar­mut. Heu­te, sagt Ihr Mini­ste­ri­um, sind schon acht Pro­zent der Rent­ner neben­her berufs­tä­tig, der Trend auf­wärts wer­de anhal­ten. Ihre Erklä­rung: »Die im Alter stei­gen­de Erwerbs­be­tei­li­gung kann als Aus­druck ver­än­der­ter Lebens­ent­wür­fe einer akti­ve­ren Teil­nah­me an Wirt­schaft und Gesell­schaft gewer­tet wer­den.« Wie kön­nen Sie nur so abgrund­tief gewis­sen­los dar­über hin­weg­ge­hen, dass in unse­rem rei­chen Land zwei Mil­lio­nen alte Men­schen arbei­ten müs­sen, weil das Geld nicht reicht.

Tages­schau-Redak­teu­re, auf dem rech­ten Auge blind. – Es ist Ihre staats­ver­trag­li­che Pflicht, »umfas­send, voll­stän­dig und der Wahr­heit ver­pflich­tet« über das Welt­ge­sche­hen zu infor­mie­ren. Am 7. Novem­ber 2019 hat die UN-Voll­ver­samm­lung – zum 28. Mal seit 1992! – mit gro­ßer Mehr­heit die seit 1962 bestehen­de Blocka­de der USA gegen Kuba ver­ur­teilt. 187 Staa­ten votier­ten für das Ende der US-Blocka­de. Ledig­lich drei Staa­ten waren dage­gen: die USA, selbst­ver­ständ­lich, Isra­el, selbst­ver­ständ­lich, und Bra­si­li­en, selbst­ver­ständ­lich, denn des­sen pro­to­fa­schi­sti­scher Prä­si­dent Bol­so­n­a­ro lässt kei­ne Gele­gen­heit aus, sei­ne USA-Hörig­keit unter Beweis zu stel­len. Auf­grund des star­ken Drucks aus Washing­ton ent­hiel­ten sich Kolum­bi­en und die Ukrai­ne der Stim­me. Upps, die Nach­richt ist Ihnen durch die Lap­pen gegan­gen? Zufäl­le gibt´s, die gibt’s gar nicht.

Hein­rich Hei­ne, post­hum Brief­schrei­ber. – Sie haben den Kranz der »Frei­en und Han­se­stadt Ham­burg«, samt schwarz-rot-gol­de­ner Schlei­fe und Gedenk­band, vom Sol­da­ten­fried­hof in Ohls­dorf ent­fer­nen und zum Rat­haus zurück­be­för­dern las­sen. Der Senat hat­te den Kranz am Volks­trau­er­tag beim Rund­tem­pel am Grä­ber­feld nie­der­ge­legt. Am Rat­haus hin­ter­lie­ßen Sie neben dem Kranz ein pla­kat­gro­ßes Beken­ner­schrei­ben: Der Kranz sei ein­sei­ti­ges »Geden­ken an die im Welt­krieg 1939 – 1945 gefal­le­nen Sol­da­ten«. So lau­tet tat­säch­lich die mit eiser­nen Let­tern ange­brach­te Inschrift an der Tem­pel­wand in Ohls­dorf. Sie igno­riert, dass in dem Grä­ber­feld auch KZ-Häft­lin­ge und Wider­stands­kämp­fer ruhen, mehr als 60 hin­ge­rich­te­te Wehr­machts­de­ser­teu­re, 46 jüdi­sche Sol­da­ten der Roten Armee und acht Kin­der von Zwangs­ar­bei­te­rin­nen sowie wei­te­re Opfer des Nazis­mus. Nicht nur »Gefal­le­ne« also, son­dern auch vie­le Ermor­de­te. All­jähr­lich mar­schie­ren zum Volks­trau­er­tag nicht nur der Ham­bur­ger Senat, son­dern auch diver­se alte Kame­rad­schaf­ten, der Volks­bund Deut­sche Kriegs­grä­ber­für­sor­ge und Bun­des­wehr­ler in Uni­form auf, gele­gent­lich sogar ein Bun­des­mi­ni­ster der Ver­tei­di­gung. Wun­der­bar, dass Sie die­sen Leu­ten ins Stamm­buch schrie­ben: Expli­zi­te Gefal­le­nen­eh­rung sei auch Aus­druck der Kriegs­ver­herr­li­chung und der Miss­ach­tung zivi­ler Kriegs­op­fer. Ihre Akti­on wird zwar unse­ren Zeit­geist nicht ver­än­dern. Aber allen, die noch nach­den­ken, tut sie gut.