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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Susan­ne Klat­ten und Ste­fan Quandt, Geschwi­ster, super­reich. – Sie haben es wahr­lich nicht leicht. Sie sind »Deutsch­lands reich­ste Erben«(Bild) und müs­sen ein Ver­mö­gen von zusam­men cir­ca 37,5 Mil­li­ar­den Euro mana­gen und meh­ren. Eine Mil­li­ar­de Euro an Divi­den­de flie­ßen die­ses Jahr allein aus den Antei­len, die sie als Haupt­ak­tio­nä­re am Auto­mo­bil­kon­zern BMW hal­ten, auf ihre Kon­ten. Dan­ke, dass Sie uns nun im Inter­view mit dem mana­ger maga­zin dar­über auf­klä­ren, dass Sie »nicht stän­dig auf einer Jacht im Mit­tel­meer her­um­lie­gen«, dass Sie viel­mehr Tag für Tag »hart dafür arbei­ten«, um das Erbe »zu ent­wickeln«, dass Sie bei­de zwar sehr das »Pri­vi­leg« genie­ßen, sich »unter­neh­me­risch aus­zu­le­ben«, aber »die­se Rol­le als Hüter des Ver­mö­gens auch per­sön­li­che Sei­ten hat, die nicht so schön sind«. Des­halb ist es ver­ständ­lich, wenn Sie im Inter­view fra­gen: »Wer wür­de denn mit uns tau­schen wol­len?« Doch statt eine ehr­li­che Ant­wort abzu­war­ten, phi­lo­so­phie­ren Sie über Gerech­tig­keit. »Gerecht ist, wenn jeder nach sei­nen Fähig­kei­ten Chan­cen wahr­neh­men und sein gan­zes Poten­ti­al ent­wickeln kann«, sagen Sie, Frau Klat­ten, und ergän­zen: Bei Ihnen bei­den offen­ba­re sich die­ses Poten­ti­al »nun mal in der Rol­le, ein Erbe ange­tre­ten zu haben und es zu ent­wickeln«. Dazu gehört für Sie auch, schon heu­te den steu­er­lich lästi­gen Erb­fall in den Blick zu neh­men. »Wir tref­fen alle mög­li­chen Vor­keh­run­gen«, ver­ra­ten Sie, Herr Quandt, »dass [Sie] dann nicht an die Sub­stanz gehen müs­sen«. Da ist Ihnen ver­mut­lich Ihre 2015 ver­stor­be­ne Mut­ter, Johan­na Quandt, ein Vor­bild, erin­nert Die Welt: »Über eine zeit­li­che Streckung der Ver­mö­gens­über­tra­gung wur­den dabei fäl­li­ge Steu­ern über Jah­re ver­teilt und mög­lichst nied­rig gehal­ten.« Ver­mut­lich ging es auch ihr damals wie Ihnen heu­te nicht ein­fach ums Geld son­dern um »Nach­hal­tig­keit«, »um alles, was unser Leben auf die­sem Pla­ne­ten aufwertet«.

The Eco­no­mist, Welt­be­völ­ke­rungs-Pro­gno­se kom­men­tie­rend. – Wie Sie berich­ten, rech­nen die Ver­ein­ten Natio­nen bis 2100 mit knapp elf Mil­li­ar­den Men­schen auf der Erde. Das sei­en gut 300 Mil­lio­nen weni­ger, als noch vor zwei Jah­ren für die­ses Stich­jahr vor­aus­ge­sagt. Dazu tra­gen, wie Sie fest­hal­ten, sin­ken­de Gebur­ten­zah­len in afri­ka­ni­schen Län­dern wie Kenia und Ugan­da bei sowie sehr nied­ri­ge Gebur­ten­ra­ten in Indu­strie­staa­ten wie Ita­li­en, Japan und Süd­ko­rea. Fast über­all wür­den die Men­schen dank wirk­sa­mer ver­schrei­bungs­pflich­ti­ger Medi­ka­men­te heu­te län­ger leben als frü­her – nicht so jedoch aus­ge­rech­net in dem Staat, der sich einen welt­wei­ten »War on Drugs« auf die Fah­nen geschrie­ben hat (meist als »Antidro­gen­krieg« über­setzt, wobei der eng­li­sche Begriff »drugs« eigent­lich nicht nur Dro­gen, son­dern auch Arz­nei­mit­tel umfasst). In den USA ster­ben so vie­le Män­ner an rezept­pflich­ti­gen Schmerz­mit­teln, dass Sie in Ihrem Bericht den Begriff »Opio­id-Epi­de­mie« ver­wen­den. Wer in jun­gen Jah­ren lernt, Schmer­zen durch Arz­nei­mit­tel mit opi­um­ähn­li­cher Wir­kung zu bekämp­fen, wird auf Dau­er süch­tig danach. Die Wahr­schein­lich­keit, noch vor dem 50. Geburts­tag zu ster­ben, sei für heu­ti­ge 15-jäh­ri­ge Jun­gen in den USA höher als für Gleich­alt­ri­ge in Ban­gla­desh (!), tei­len Sie mit. Tod durch ver­ord­ne­tes Medi­ka­ment – und Ärz­te und Apo­the­ke­rin­nen ver­die­nen dar­an? Wohl nur vor­über­ge­hend, denn nach nach­hal­ti­gem Kapi­ta­lis­mus klingt das nicht.

Robert Habeck, ZDF-Som­mer­in­ter­view­part­ner. – Sie ver­ste­hen es, auf vor­ge­stanz­te Jour­na­li­sten­fra­gen so zu reagie­ren, als stün­den Sie und Ihre Grü­nen-Par­tei dem absto­ßen­den Ber­li­ner Poli­tik­be­trieb kri­tisch gegen­über: »Men­schen, die hier kei­nen Auf­ent­halts­ti­tel bekom­men, müs­sen abge­scho­ben wer­den. Das ist kei­ne Ant­wort, die uns leicht fällt und auch kei­ne Ant­wort, auf die wir stolz sind. … Wir sind in vie­len Lan­des­re­gie­run­gen ver­tre­ten. Klar wird auch unter grü­ner Regie­rungs­be­tei­li­gung abge­scho­ben.« Glas­klar! Dass Ihnen und Ihren mit­re­gie­ren­den Abschie­bern – zum Bei­spiel denen in Stutt­gart – bei der Drecks­ar­beit schwer ums Herz ist, trö­stet die »Aus­ge­schaff­ten« und mehrt unse­ren Stolz auf soviel deut­sches Mit­ge­fühl. Das Umfra­ge-Hoch der Grü­nen beweist: Man muss sich nur gut zu ver­kau­fen wissen.

Mar­kus Söder (CSU), hofft auf mehr eige­nen Gestal­tungs­frei­raum. – Sie haben eine »Föde­ra­lis­mus-Initia­ti­ve« gestar­tet und behaup­ten, mehr Eigen­stän­dig­keit der Län­der wäre gut für die Demo­kra­tie. Mög­lich. Es gibt aber auch ande­re Erfah­run­gen. So war die »Ord­nungs­zel­le Bay­ern« beson­ders eigen­stän­dig – und beson­ders demo­kra­tie­feind­lich. Unver­hoh­len und ganz offi­zi­ell wur­de dort der Sturz der ersten deut­schen Repu­blik betrie­ben. Im Reich per Haft­be­fehl gesuch­te Put­schi­sten und Frei­corps-Füh­rer wie Her­mann Ehr­hardt fan­den dort Unter­schlupf und konn­ten weit­ge­hend unbe­hel­ligt natio­na­li­sti­sche Ter­ror­or­ga­ni­sa­tio­nen wie die Orga­ni­sa­ti­on Con­sul ins Leben rufen und zahl­rei­che Feme­mor­de ver­üben. Hit­ler wur­de nach sei­nem miss­glück­ten Putsch­ver­such vom 9. Novem­ber 1923 dem zustän­di­gen Reichs­ge­richt ent­zo­gen und nach einem äußerst mil­den Urteil eines baye­ri­schen Gerichts schon nach neun Mona­ten »auf Bewäh­rung« ent­las­sen. Der Auf­stieg der NSDAP voll­zog sich eben­falls im ach so eigen­stän­di­gen Bay­ern. Kei­ne Geschich­te, die uns von der per se demo­kra­tie­för­dern­den Wir­kung des Föde­ra­lis­mus über­zeugt. Und auch die aktu­el­le Law-and-Order-Poli­tik – baye­ri­sches Poli­zei­auf­ga­ben­ge­setz, baye­ri­sches Integrations(verhinderungs)gesetz, baye­ri­sches Ver­fas­sungs­schutz­ge­setz et cete­ra – gibt Demo­kra­ten kei­nen Anlass zu Hoff­nun­gen auf noch »mehr eige­nen Gestal­tungs­frei­raum« für Sie und Ihre CSU.

Joa­chim Herr­mann, baye­ri­scher Innen­mi­ni­ster, ohne Eile. – Ihr Mini­ste­ri­um stuft den ras­si­sti­schen Ter­ror­an­schlag des David Son­bo­ly, bei dem am 22. Juli 2016 vor dem Olym­pia-Ein­kaufs­zen­trum (OEZ) in Mün­chen neun Per­so­nen getö­tet und fünf wei­te­re ver­letzt wur­den, noch immer als »Amok­lauf« ein. Als Haupt­mo­tiv neh­men Sie Rache­be­dürf­nis des damals Acht­zehn­jäh­ri­gen wegen erlit­te­nen Mob­bings wäh­rend sei­ner Schul­zeit an. Dabei war die faschi­sti­sche Gesin­nung des Todes­schüt­zen sehr schnell bekannt. Auch die Wahl der Opfer – jun­ge Sin­ti sowie Ange­hö­ri­ge von Zuwan­de­rer­fa­mi­li­en – spricht eine deut­li­che Spra­che; eben­so der Zeit­punkt der Blut­tat: es war der fünf­te Jah­res­tag des Mas­sen­mor­des des nor­we­gi­schen Faschi­sten Brei­vik in Oslo und auf der Insel Utøya. Drei von der Stadt Mün­chen in Auf­trag gege­be­ne Gut­ach­ten kom­men ein­mü­tig zu dem Schluss, dass es ein ter­ro­ri­sti­sches Hass­ver­bre­chen war. Aber Ihnen, Herr Mini­ster, fällt es offen­bar schwer, zuzu­ge­ben, dass es in Bay­ern unent­deck­te Ter­ro­ri­sten gibt. »Natür­lich war das kei­ne Tat wie die NSU-Mor­de«, wer­den Sie in der Süd­deut­schen Zei­tung zitiert. So? Immer­hin haben Sie zuge­sagt, die Ein­stu­fung des OEZ-Anschlags zu über­prü­fen. Bis zum 1. Juli soll­te der Land­tag Ihren Abschluss­be­richt erhal­ten. Jedoch haben Sie damit kei­ne Eile. Auch über den drit­ten Jah­res­tag hin­aus war­ten die Über­le­ben­den und die Hin­ter­blie­be­nen der Opfer noch immer auf eine offi­zi­el­le Kor­rek­tur der ver­harm­lo­sen­den Fehl­ein­schät­zung. Noch immer lau­tet die Inschrift auf dem Mahn­mal am Tat­ort: »In Erin­ne­rung an alle Opfer des Amok­laufs vom 22.7.2016.« Und Ihre Kri­mi­nal­sta­ti­stik weist noch immer min­de­stens neun Opfer zu wenig in der Rubrik »rechts­extre­mi­stisch moti­vier­te Mor­de« auf.

Elmar The­ve­ßen, Washing­ton-Kor­re­spon­dent des ZDF. – Bis­her waren Sie »Ter­ro­ris­mus-Exper­te« des ZDF und lie­ßen sich mit die­sem Titel auch bei Ihren Auf­trit­ten in den heu­te-Nach­rich­ten ankün­di­gen. Seit kur­zem – und das ist die wich­tig­ste Zwi­schen­sta­ti­on eines Kar­rie­ri­sten im öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk – sind Sie Aus­lands­kor­re­spon­dent in Washing­ton. Das wäre ja mal was: Der ZDF-Ter­ro­ris­mus-Exper­te berich­tet aus dem Zen­trum des glo­ba­len Ter­ro­ris­mus, direkt von der Quel­le! Bis­her ist davon aller­dings kei­ne Rede. Ihre Auf­sa­ger vorm Wei­ßen Haus sind zwar fach­män­nisch ver­packt, ent­hal­ten jedoch erwar­tungs­ge­mäß vor­wie­gend trans­at­lan­tisch ange­wärm­te Luft.

Hei­ko Maas, ver­kör­per­te Plei­te der deut­schen Außen­po­li­tik. – »An der von den USA vor­ge­stell­ten und geplan­ten See­mis­si­on in der Stra­ße von Hor­mus wird sich die Bun­des­re­gie­rung nicht betei­li­gen«, lie­ßen Sie wis­sen. Im Prin­zip gut. Wenn da nicht auch noch die von Groß­bri­tan­ni­en gewoll­te euro­päi­sche Kano­nen­boot­po­li­tik gegen­über Iran wäre und Sie sich dazu aus­ge­schwie­gen hät­ten. Es ist also nicht aller Tage Abend. Übri­gens: Nor­ma­ler­wei­se sind Sol­da­ten an Mili­tär­mis­sio­nen betei­ligt, nicht Regie­run­gen. Poli­ti­ker blei­ben in der siche­ren Etap­pe, wenn wei­ter vor­ne getö­tet und gestor­ben wird. Oder pla­nen Sie, Ihren Kopf aus­nahms­wei­se per­sön­lich hinzuhalten?