Die Frankfurter Innenstadt ist leer und still an diesem trüben und kühlen Ostermontag. An der Hauptwache steht einsam ein Polizeiwagen. Der Platz neben der Paulskirche liegt verlassen. Auf dem Römerberg sitzen zwei Männer auf einer Bank. Am Durchgang zum Main sind drei Wagen mit Polizisten postiert.
Es ist 13 Uhr – der Zeitpunkt, zu dem hier die diesjährige Antikriegskundgebung hätte beginnen sollen.
Die Justitia vom Gerechtigkeitsbrunnen ist wegen Renovierung abmontiert. Am Bauzaun hängt ein Zettel mit der dringenden Forderung, dass den Armen geholfen werden soll.
Als B. sich, ordentlich maskiert, für ein Erinnerungsfoto vor den Brunnen stellt und eine Abbildung mit dem Ostermarschplakat von 1965 hochhält, kommt eine Frau hinzu, die ein DIN-A4-Blatt mit Bildern und Parolen zum Tag in der Hand hat. Sie wird mitfotografiert.
Da schalten sich die beiden Männer ein. Vor einer Stunde seien einige andere da gewesen, mit Plakaten und Fahnen als ob nichts wäre. Sofort sei Polizei gekommen und hätte sie zum Verlassen des Platzes aufgefordert, da ja jede Demonstration untersagt sei. Die Beamten hätten nicht so gewirkt, als seien sie besonders glücklich bei ihrem Tun.
Kaum reden die Anwesenden ein wenig miteinander, mit gehörigem Abstand, da schlendern auch schon vier Polizisten auf sie zu. Schnell wird noch mehr Abstand voneinander genommen, so dass von einer Gruppenbildung schon gar keine Rede mehr sein kann. »Paare, Passanten« wäre der richtige Ausdruck für die Szene, unter Verwendung eines alten Buchtitels von Botho Strauß, bevor der nach rechts abwanderte.
Die Polizisten kehren um, besteigen ihre Autos und fahren weg.
Auf dem Rückweg schaut B. noch kurz in die Kirche am Liebfrauenberg, deren Tür einladend geöffnet ist. Die Altäre sind beleuchtet, drei Besucher*innen verlieren sich in den Bänken.
Gegenüber stehen ein paar Obdachlose unter dem Vordach eines Ladens, um sich vor dem einsetzenden Regen zu schützen. Darunter »Eisenbahn-Reiner«, über die Stadt hinaus bekannt geworden, weil das Ordnungsamt ihm einmal seinen Platz wegnehmen wollte, wogegen sich heftiger Protest erhob. Wie immer hat er seine Spielzeugbahnen und die Zeitungsartikel, die über ihn berichten, mitten auf der Fußgänger-Gasse ausgebreitet. B. fragt ihn, ob sie miteinander teilen, und gibt ihm nach dem Ja einen Schein.