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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Vorkämpfer für Recht und Freiheit

Als er am 9. Novem­ber 1848 stand­recht­lich erschos­sen wur­de, trau­er­te ganz Deutsch­land. Der Publi­zist und Ver­le­ger Robert Blum (geb. 1807) war der wohl popu­lär­ste Poli­ti­ker der 1848er-Revo­lu­ti­on. Nach sei­ner Erschie­ßung begann ein Mythos zu wuchern, gewis­ser­ma­ßen das zwei­te Leben des Robert Blum. Heu­te ist er dage­gen nahe­zu ver­ges­sen, dabei hat­te er Ideen von Deutsch­land und Euro­pa, die erst im 20. Jahr­hun­dert Gemein­gut wurden.

Der Histo­ri­ker Ralf Zer­back hat­te bereits 2007 zum 200. Geburts­tag im Leip­zi­ger Lehm­stedt Ver­lag eine Blum-Bio­gra­fie vor­ge­legt, die bin­nen zwei Jah­ren kom­plett ver­grif­fen war. Anläss­lich des 175. Jah­res­ta­ges der Revo­lu­ti­on von 1848/​49 erlebt sie nun eine Neu­auf­la­ge. Auf der Grund­la­ge zahl­rei­cher neu erschlos­se­ner Quel­len erzählt der Autor detail­reich und mit einem aus­ge­präg­ten Sinn für Dra­ma­tur­gie den stür­mi­schen Auf­stieg Blums vom arbeits­lo­sen Hand­wer­ker­ge­sel­len zum Wort­füh­rer der Lin­ken im ersten deut­schen Par­la­ment, von sei­nem Wir­ken in der Revo­lu­ti­on, von sei­ner Fest­nah­me als Bar­ri­ka­den­kämp­fer in Wien und schließ­lich von sei­ner Hin­rich­tung. Im Gegen­satz zu den mei­sten poli­ti­schen Gefähr­ten und den Abge­ord­ne­ten der Frank­fur­ter Pauls­kir­che kam er aus klei­nen Ver­hält­nis­sen, pro­fi­lier­te sich zunächst als Thea­ter­die­ner und erreich­te dann als Publi­zist und Volks­red­ner, als poli­ti­scher Agi­ta­tor eine immer grö­ße­re Öffent­lich­keit. In der Natio­nal­ver­samm­lung for­der­te Blum eine Eman­zi­pa­ti­on der arbei­ten­den Klas­sen durch Bil­dung und Betei­li­gung an poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen. Außer­dem unter­stütz­te er das Kon­zept eines in allen Tei­len frei­en Europas.

Als das Pauls­kir­chen-Par­la­ment jedoch immer stär­ker unter kon­ser­va­ti­ven Ein­fluss geriet, schloss sich Blum den Auf­stän­di­schen in Wien an, wo er ver­haf­tet, zum Tode ver­ur­teilt und einen Tag vor sei­nem 41. Geburts­tag hin­ge­rich­tet wur­de. Sei­ne letz­ten Wor­te waren: »Ich ster­be für die deut­sche Frei­heit, für die ich gekämpft. Möge das Vater­land mei­ner ein­ge­denk sein.« Jahr­zehn­te­lang wur­de er zum »Mär­ty­rer der Revo­lu­ti­on« und »Erschos­sen wie Robert Blum« fort­an zu einem geflü­gel­ten Wort.

Zer­back schil­dert Blum aber nicht nur als euro­päi­schen Visio­när, son­dern zugleich als Prag­ma­ti­ker und nüch­ter­nen Real­po­li­ti­ker. Auf den drei­hun­dert Sei­ten gelingt es ihm, neben dem Men­schen und dem nim­mer­mü­den Akti­vi­sten Robert Blum auch einen leben­di­gen Ein­druck von der beweg­ten und bewe­gen­den Epo­che des Vor­märz, der Revo­lu­ti­on von 1848 und dem Ver­sa­gen der ersten deut­schen Natio­nal­ver­samm­lung zu ver­mit­teln. Ergänzt wird die Bio­gra­fie durch zahl­rei­che zeit­ge­nös­si­sche Illu­stra­tio­nen und Por­träts von Robert Blum.

Ralf Zer­back: Einig­keit und Recht und Frei­heit – Das Leben des Robert Blum, Lehm­stedt Ver­lag, Leip­zig 2023, 2. Aufl., 359 S., 25 €.

In der »Edi­ti­on Pauls­kir­che« erschien eben­falls kürz­lich ein Buch mit Ori­gi­nal­tex­ten und einem Vor­wort von Gabrie­le Gil­len. Robert Blum: Es ist 5 Uhr und um 6 wer­de ich erschos­sen, Ver­lag Kie­pen­heu­er & Witsch, Köln 2023, 192 S., 15 €.