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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Zuschriften an die Lokalpresse

Im Jejen­satz zu mei­nen jün­ge­ren Mit­bür­jern, die ihre heu­ti­je All­je­mein­bil­dung aus ihr›n diji­ta­len Jerät­schaf­ten bezieh›n, schnüff­le ick nach wie vor lie­ber in mei­ne täch­li­che anti­ke Papier­fah­ne. Et is mir een biss­ken pein­lich, mich so alt­mo­disch über det Neu­ste vom Tare her­zu­ma­chen und mir Rat­schlä­je reinzuzieh›n. Aba det is mir schnup­pe! Wat ick jer­ne stu­die­re, is die kosten­lo­se Ber­li­ner Woche, die »Lokal­zei­tung für die Orts­tei­le Lich­ten­berg, Fennpfuhl und Rum­mels­burg«. Die hat imma wie­da Tipps für ihre Lau­ben­pie­per auf ihre Klein­odi­en parat! Und icke, ick jehör noch zu den Ur-Klein­järt­nern, ick habe schon lan­ge vor der Wen­de aus dür­ren jrü­nen Boh­nen saf­ti­je Schlan­gen­jur­ken jezo­ren. Und da sind mir die Hin­wei­se über det rich­ti­je Ver­hal­ten von Mensch zu Mensch un von Par­zel­le zu Par­zel­le wie auf Sei­te drei janz nütz­lich. Jra­de jetzt, wo de für fast jeden Scheiß een Anwalt brauchst! In die Aus­ja­be vom 1. Juli jehts um die Fra­re, wie hoch die Hecke zum Nach­bar­jar­ten sein darf und ob der Päch­ta split­ter­nackt in sein› Jelän­de rum­hop­sen kann. Int›ressant war ooch in der­sel­ben Zei­tung der Kom­men­tar zum Hal­ten von Hüh­nern und zum Krä­hen von Häh­nen auf eenem Jrund­stück. Laut Lan­des-Immis­si­ons­schutz­ge­setz ist die Nacht­ru­he von 22 Uhr bis 6 Uhr ein­zu­hal­ten, und det jül­det für alle, also ooch für alle Vie­cher! Und falls es zu eenem Rechts­streit kommt, ist der Besit­zer des Hah­nes jut bera­ten, wenn er dem Jericht durch Lärm­pro­to­kol­le nach­wei­sen kann, det sich ooch sein Kräh­vo­gel an die Still­zei­ten hält. Allet kann natür­lich nich durch­je­re­jelt wer­den: Wer kommt denn dafür auf, wenn de Nach­ti­jall aufm Neben­jrund­stück jejen Mit­ter­nacht ihr´n Tril­ler in de Rum­mels­bur­jer Land­schaft schmet­tert? Aba allet in allem: Besten Dank für die nütz­li­chen Hin­wei­se! – Pau­le Schnaff­ke (68), Spar­ten­kas­sie­rer, Sied­lung »Einig­keit«, Baumschulenweg

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Jetzt hat der Bun­des­ge­richts­hof die Deut­sche Bank am Wickel: Sie muss auch Giro­kon­ten für Obdach­lo­se, Sozi­al­hil­fe­emp­fän­ger und Flücht­lin­ge zu »ange­mes­se­nen« Prei­sen zulas­sen. Das gehört nun mal zur Demo­kra­tie, da kann sich die Deut­sche Bank nicht auf »höhe­re Risi­ken« für »Geld­wä­sche oder Ter­ror­fi­nan­zie­rung« (Ber­li­ner Kurier, 1.7.2020) beru­fen! Soll›n denn die Obdach­lo­sen ihre Pfand­fla­schen­mün­zen nachts unter ihre auf­blas­ba­ren Matrat­zen klem­men oder Selbst­hil­fe­grup­pen ein­rich­ten und sich gegen­sei­tig bewa­chen? Und kann es sich die Deut­sche Bank nach ihrem Finanz­de­ba­kel der letz­ten Jah­re über­haupt lei­sten, auf die Gebüh­ren einer Kli­en­tel für Geld­be­we­gun­gen zu ver­zich­ten? Ich fin­de es rich­tig, dass da die Poli­tik und der Bun­des­ge­richts­hof ein­grei­fen, damit das Image des inter­na­tio­na­len Geld­in­sti­tuts nicht wei­ter beschä­digt wird! Ingo­mar Pro­fit­lich, Finanz­ex­per­te, 47608 Geldern

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Det nimmt ja keen Ende mit Coro­na! Jetzt hats in dem jro­ßen Fleisch­be­trieb der Markt­füh­rer-Fir­ma Tön­nies mäch­tich rein­je­hau­en! Mas­sen­wei­se hat sich det Virus in die Arbeit­neh­ma ein­je­ni­stet, die aus Rumä­ni­en oder anders­wo­her zum Schlach­ten ein­je­f­lo­gen sind und sich in ihren engen Unta­künf­ten jejen­sei­tich voll­je­niest ham und die Schnit­zel jleich mit! Nu ha›m die Behör­den den jan­zen Laden erst mal dicht jemacht, det is ja ooch rich­tich so! Die Flei­scher hat­ten ja ähn­li­che Lebens­be­din­gun­gen wie ihre armen Schwei­ne, die sich ooch kaum aus­strecken konn­ten in ihr›n Käfi­jen un für die der Final­bol­zen fast ›ne Erlö­sung war! Auf den Wer­be­pla­ka­ten sah´n die Tie­re mit ihr›n nied­li­chen Rin­gel­schwänz­chen und ihr›m ver­schmitz­ten Lächeln unterm Rüs­sel ja janz pos­sier­lich aus, is ja klar. Nu hat der Tön­nies sei­ne Pro­ble­me, und ooch wenn er keen Fuß­ball­funk­tio­när mehr is, weeß er, es jeht immer mal rauf un wie­da run­ta, da wird der schon wie­der aus de Bre­dull­je komm›. – Pau­le Brä­sicke (76), Rent­ner, 12043 Berlin-Neukölln

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Da soll noch mal einer behaup­ten, die bun­des­deut­sche Justiz und die Ber­li­ner Behör­den hät­ten kein Herz für Risi­ko­grup­pen! Da haben sie doch den Car­los Leh­der Rivas – ich weiß nicht, ob Sie den ken­nen, das war der Ex-Kom­pli­ze von dem kolum­bia­ni­schen Dro­gen­ba­ron – nach sei­ner Ent­las­sung aus der USA-Haft in eine gemein­nüt­zi­ge Ber­li­ner Ein­rich­tung auf­ge­nom­men! Weil er schwer­krank ist, soll der Deutsch-Kolum­bia­ner »in einer klei­nen Resi­denz gepflegt wer­den«. So jeden­falls berich­tet es die Ber­li­ner Zei­tung vom 19. Juni unter der Über­schrift »Medel­lin-Dro­gen­boss wird Ber­li­ner« unter Beru­fung auf das Nach­rich­ten­ma­ga­zin Spie­gel. Wäh­rend sei­ner Dro­gen­kar­rie­re soll der inzwi­schen 70-Jäh­ri­ge wegen sei­ner Bru­ta­li­tät »Cra­zy Char­lie« genannt wor­den sein. Und ver­dient haben soll er am Dro­gen­ge­schäft so viel, dass er sich eine eige­ne Insel auf den Baha­mas lei­sten konn­te. Aber man soll ja nicht nach­tra­gend sein. Er war zwar 1987 zu lebens­lang plus 134 Jah­re ver­ur­teilt wor­den; die Justiz hat­te aber sei­ne Haft wegen sei­ner Koope­ra­ti­on redu­ziert und ihn in ein Zeu­gen­schutz­pro­gramm auf­ge­nom­men. Vor­her galt er als USA-Staats­feind Num­mer 1. Nun wür­de mich nur noch inter­es­sie­ren, ob die Haft­ver­kür­zung vom lebens­lan­gen Knast oder von der 134-jäh­ri­gen Ver­län­ge­rung abge­zo­gen wur­de und wie die­se Ent­schei­dung begrün­det wor­den ist. – Justi­ni­an Kie­ke­busch (74), Pen­sio­när, 01920 Nebelschütz