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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Schein und Sein

»Unter­hal­tung hat auch mit Hal­tung zu tun. Und Hal­tung kann durch­aus unter­halt­sam sein«, bilan­zier­te der Geschäfts­füh­rer der Fun­ke Medi­en­grup­pe, Andre­as Schoo, den »gla­mou­rö­sen Abend«, die von der Grup­pe ver­an­stal­te­te 54. Ver­lei­hung der Gol­de­nen Kame­ra Ende März in Ber­lin. Die Fun­ke-Zei­tun­gen erhiel­ten anschlie­ßend eine Son­der­bei­la­ge ver­passt, in der auch die Rede von Julia Becker, der Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­den der Fun­ke Medi­en­grup­pe, gebüh­rend gewür­digt wurde.

Ach, was tat sie an dem Abend für schö­ne Wor­te kund: von der jour­na­li­sti­schen »Grund­ein­stel­lung, die Men­schen ver­läss­lich zu infor­mie­ren, einen Vor­gang von allen Sei­ten zu beleuch­ten, mit einem schar­fen, unbe­stech­li­chen Blick« sprach sie. Und die Jour­na­li­stin­nen und Jour­na­li­sten ihrer Tages­zei­tun­gen wür­den »Tag und Nacht hart dafür arbei­ten, dass die Men­schen bestens infor­miert wer­den …, gera­de auch regio­nal und lokal vor unse­rer Haustür«.

Kurz vor die­sem »glanz­vol­len Abend« (Fun­ke) war die neue­ste Aus­ga­be von M, dem Medi­en­po­li­ti­schen Maga­zin der Gewerk­schaft ver.di erschie­nen. Einer der redak­tio­nel­len Arti­kel trug die Über­schrift: »Mas­si­ve Strei­chun­gen im Fun­ke-Kon­zern«. »Hun­der­te Ent­las­sun­gen« stün­den bevor, allein in Nord­rhein-West­fa­len – in Essen ist der Haupt­sitz der Grup­pe – wür­den über 300 Stel­len gestri­chen, in allen Berei­chen. Tra­di­ti­ons­blät­ter wür­den ein­ge­stellt, 21 der 26 Geschäfts­stel­len in NRW sol­len ver­schwin­den, »vor der Haus­tür« also, um mit Frau Becker zu sprechen.

Auch die Ber­li­ner Zen­tral­re­dak­ti­on blei­be nicht ver­schont. Kün­di­gun­gen gebe es auch in Mün­chen (Gong Ver­lag) und Thü­rin­gen (All­ge­mei­ne, Lan­des­zei­tung, Ost­thü­rin­ger Zei­tung). Hin­ter­grund der Vor­gän­ge soll laut M ein fort­ge­setz­tes »Miss­ma­nage­ment ver­schie­de­ner Geschäfts­füh­run­gen in den ver­gan­ge­nen Jah­ren« sein. Außer­dem stün­de Fun­ke »immer noch mit Ver­bind­lich­kei­ten von 630 Mil­lio­nen Euro bei den Ban­ken in der Krei­de – Nach­wir­kun­gen des Kaufs der Sprin­ger-Zei­tun­gen im Jahr 2013«.

In der deut­schen Lin­gu­istik gibt es den Ter­mi­nus »Zwil­lings­for­mel«, zu dem auch »Schein und Sein« gehört, eben­so wie »Anspruch und Wirk­lich­keit«. Sel­ten klaff­ten die Wort­paa­re so weit aus­ein­an­der wie hier im Hin­blick auf die Fun­ke Mediengruppe.