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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Rolf Gös­s­ner, aus­ge­zeich­net. – Sie haben am 10. Okto­ber den Hans-Lit­ten-Preis 2020 erhal­ten. Dazu gra­tu­lie­ren wir herz­lich. Mit dem Preis zeich­net die Ver­ei­ni­gung Demo­kra­ti­scher Juri­stin­nen und Juri­sten (VDJ) Ihre jahr­zehn­te­lan­ge beruf­li­che und rechts­po­li­ti­sche Arbeit für die Ver­tei­di­gung von Demo­kra­tie und Rechts­staat aus und wür­digt vor allem auch Ihre grund­rechts­sen­si­ble Hal­tung, sich der Aus­höh­lung von Grund­rech­ten ent­ge­gen­zu­stel­len und bür­ger­recht­li­che Oppo­si­ti­on zu mobi­li­sie­ren. Aus­zeich­nungs­wür­dig ist vor allem Ihre inve­sti­ga­ti­ve Publi­zi­stik zur poli­ti­schen Justiz, zu den Justiz­op­fern des Kal­ten Krie­ges und zum Über­wa­chungs­staat. »Beson­ders ver­dienst­voll auch, die­je­ni­gen, die im Dun­keln wir­ken – die Nach­rich­ten­dien­ste und vor­nehm­lich das V-Leu­te-Infor­ma­ti­ons­sy­stem des Ver­fas­sungs­schut­zes – unter Licht gebracht, aus- und durch­leuch­tet und so auch eige­ner 38-jäh­ri­ger rechts­wid­ri­ger Über­wa­chung durch den Ver­fas­sungs­schutz sich offen­siv wider­setzt zu haben«, for­mu­liert die VDJ.

Ange­la Mer­kel, vor­geb­lich groß­zü­gig. – Sie haben der Impf­stoff-Platt­form COVAX der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on WHO 100 Mil­lio­nen Euro aus dem Topf für Ent­wick­lungs­hil­fe spen­diert. COVAX soll auch den ärm­sten Län­dern die­ser Welt Zugang zu einem bezahl­ba­ren Impf­stoff gegen Covid-19 garan­tie­ren. Dafür benö­tigt die WHO jedoch min­de­stens 35 Mil­li­ar­den Dol­lar, des­halb wirkt Deutsch­lands Bei­trag eher beschei­den. Genau­er: Wie der Vor­schuss in einen Garan­tie­fonds für Big Phar­ma. Der unauf­halt­sa­me kapi­ta­li­sti­sche Moloch wird mit dem Impf­stoff ein Jahr­hun­dert­ge­schäft machen, falls ihm nicht Russ­land oder Chi­na mit bes­se­ren und bil­li­ge­ren Pro­duk­ten Gren­zen set­zen. Das rus­si­sche Vak­zin »Sput­nik V« scheint sich bereits dafür zu eig­nen. Sicher haben Sie schon dar­an gedacht, es nicht für den deut­schen Markt zuzu­las­sen, Big Phar­ma und Black­Rock zuliebe.

Chri­sti­ne Strobl, CDU, auf­stei­gend. – Es »hät­te nicht aus­ge­se­hen«, wenn Sie, Ehe­frau des baden-würt­tem­ber­gi­schen Innen­mi­ni­sters Strobl und Toch­ter des Bun­des­tags­prä­si­den­ten Wolf­gang Schäub­le, sich vori­ges Jahr um den Posten des SWR-Inten­dan­ten bewor­ben hät­ten. Ihre vor­neh­me Zurück­hal­tung wird jetzt belohnt: Anfang näch­sten Jah­res tre­ten Sie die Nach­fol­ge des ARD-Pro­gramm­di­rek­tors Vol­ker Her­res (Monats­ge­halt 33.000 Euro) an. Das »sieht auch nicht aus«, aber SWR-Inten­dant Kai Gniff­ke (Monats­ge­halt 28.000 Euro plus Neben­ein­künf­te) und die acht ande­ren ARD-Inten­dan­ten haben so ent­schie­den. Der öffent­lich-recht­li­che Rund­funk zeigt sich von sei­ner inze­stuö­sen Sei­te; da kommt kei­ner zu kurz. Übri­gens: Gera­de ent­schei­den die Bun­des­län­der über die Erhö­hung des Rund­funk­bei­trags. Wir leben in der besten Demo­kra­tie, die man für Geld kau­fen kann.

Moni­ka Grüt­ters, Kul­tur­be­auf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung, erfor­der­li­chen­falls mul­ti. – Bei der Eröff­nung des Sude­ten­deut­schen Muse­ums in Mün­chen am 12. Okto­ber haben Sie die Auf­ga­be der in vier­jäh­ri­ger Bau­zeit errich­te­ten und 26 Steu­er-Mil­lio­nen teu­ren Ein­rich­tung fol­gen­der­ma­ßen umris­sen: Schü­ler und Schü­le­rin­nen sol­len nach der Besich­ti­gung des Muse­ums wis­sen, wer Sude­ten­deut­scher ist und wo das (auf kei­nem Atlas ein­ge­zeich­ne­te) »Sude­ten­land« liegt. Immer­hin. »Dabei«, fuh­ren Sie fort, »hat ver­mut­lich jeder schon ein­mal Bekannt­schaft mit einer berühm­ten Per­sön­lich­keit aus dem Sude­ten­land gemacht.« Etli­che Per­so­nen fie­len Ihnen ein, die »in vie­ler­lei Hin­sicht unse­re Geschich­te geschrie­ben« haben: »in der Musik Gustav Mahler, in der Lite­ra­tur Rai­ner Maria Ril­ke oder Marie von Ebner-Eschen­bach, in der Kunst­ge­schich­te Alfred Kubin. Und im Film, dar­an muss man auch manch­mal erin­nern, ist Oskar Schind­ler ver­ewigt, der 1200 Juden vor dem natio­nal­so­zia­li­sti­schen Ter­ror­re­gime ret­te­te. Alles Sude­ten­deut­sche«. Gäste aus Tsche­chi­en hät­ten ver­mut­lich noch ande­re Namen zu nen­nen gewusst: Kon­rad Hen­lein zum Bei­spiel oder Karl Her­mann Frank, um nur zwei pro­mi­nen­te sude­ten­deut­sche Faschi­sten zu nen­nen, die »Geschich­te geschrie­ben« haben. Ihre Namen – und ihre Rol­le – wur­den von kei­nem der Fest­red­ner genannt. So war es viel­leicht nicht nur coro­nabe­dingt, dass kein Gast aus Tsche­chi­en bei der Ein­wei­hung begrüßt wer­den konn­te. Und viel­leicht war es auch nicht nur ein Zufall, dass im Bericht der Sude­ten­deut­schen Zei­tung die Behaup­tung, die Geschich­te wer­de in dem Muse­um »immer im Kon­text mit den tsche­chi­schen Mit­be­woh­nern und Nach­barn und ihrem Staat«, also »auch aus Sicht der ande­ren« dar­ge­stellt, zum Zun­gen­bre­cher geriet: erfor­der­li­chen­falls sei die Dar­stel­lung »mul­ti­per­s­ke­ti­visch«.

Julia Klöck­ner (CDU), lob­by­isten­freund­lich, ver­brau­cher­feind­lich. – Dass Sie sich mehr für das Wohl der Agrar­in­du­stri­el­len und der Nah­rungs­mit­tel­her­stel­ler enga­gie­ren (bezie­hungs­wei­se enga­gie­ren las­sen) als für die Ver­brau­cher ein­zu­tre­ten, ist längst bekannt. Unter Beru­fung auf das Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz hat­te die Ver­brau­cher­schutz-Orga­ni­sa­ti­on food­watch Sie jüngst um Aus­kunft über Anzahl und Art Ihrer Lob­by-Kon­tak­te gebe­ten. Erst lan­ge nach Ablauf der gesetz­li­chen Frist gaben Sie Ant­wort im für Sie typi­schen Stil: Es gebe eine »sol­che Viel­zahl« von Lob­by-Kon­tak­ten, dass »jede Aus­kunft« geeig­net wäre, »sich dem Vor­wurf man­geln­der Voll­stän­dig­keit aus­zu­set­zen«. Mit ande­ren Wor­ten: Sie koket­tie­ren damit, so oft mit Ver­tre­tern von Par­ti­ku­lar­in­ter­es­sen zusam­men­zu­kom­men, dass es schwie­rig ist, den Über­blick zu bewah­ren. Der Ver­dacht liegt damit nahe, dass eine voll­stän­di­ge Aus­kunft im Sin­ne des Geset­zes Sie als kor­rum­pier­bar ent­lar­ven könn­te. Und da rücken Sie lie­ber ver­spä­tet oder mit gar nichts her­aus. Kei­ne Ant­wort ist auch eine Antwort.