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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Monatsrückblick: Der Kurs des Virus

Die wei­te­re Ent­wick­lung der Wirt­schaft hän­ge nun »vom Kurs des Virus, inklu­si­ve der Fort­schrit­te bei den Imp­fun­gen« ab. Beschloss die FED (US-Ame­ri­ka­ni­sche Zen­tral­bank) am 27.01.21 (zitiert nach jW 01.02.21).

Wel­chen Kurs wird das Virus ein­schla­gen? Und sei­ne diver­sen Muta­tio­nen? Wird es sich den Wün­schen »der Wirt­schaft« unter­ord­nen? Oder den Wün­schen »der Men­schen«? Das Eine wie das Ande­re sind abstrak­te Begrif­fe, die nicht ein­mal ein­heit­lich Wün­schen­de reprä­sen­tie­ren. Und »die Men­schen« wer­den noch unter­teilt in »Poli­ti­ker« und »ein­fa­che Men­schen«. Die letz­te­ren haben ent­we­der Angst, dem Virus zu erlie­gen, oder wün­schen sich Locke­run­gen, weil sie sonst kei­ne Lebens­grund­la­ge mehr haben – Solo-Selb­stän­di­ge zum Bei­spiel. Die »Poli­ti­ker« wün­schen sich Wahl­er­fol­ge und wer­den von den Wün­schen der Wäh­ler hin- und her­ge­wor­fen, wobei sich ihre eige­ne Unfä­hig­keit erschwe­rend beim Steu­ern aus­wirkt. Die US-Regie­rung wen­det Kriegs­recht an und gibt die Patent­rech­te an Impf­stof­fen frei. Damit will sie den Impf­be­darf bis Ende Mai gestillt haben. Die deut­sche Regie­rung will erst bis kurz vor den Bun­des­tags­wah­len Ende Sep­tem­ber alle geimpft haben und könn­te zwar mit dem Kata­stro­phen­schutz­ge­setz auch die Paten­te auf­he­ben, will aber nicht. Sie will vor allem kei­ne Erwar­tun­gen wecken.

Der »Impf­gip­fel« woll­te nicht als sol­cher bezeich­net wer­den und kei­ne Erwar­tun­gen wecken, die er sowie­so nicht erfül­len kann, weil die Indu­strie ja machen darf, was sie will – Freie Markt­wirt­schaft eben. Herr Söder, bis­her radi­kal, gibt sich jetzt als Rea­list: Man dür­fe das The­ma Imp­fen »nicht dau­ernd schlecht reden«. Bis Ende März gibt es nun mal jetzt nicht mehr Impf­stoff. »Das ist so«, sagt Söder. Die »stän­di­ge Feh­ler­ana­ly­se bringt nichts«. Man müs­se jetzt in den »Zustand des Ver­bes­sern­wol­lens« kom­men (zitiert nach dem Kom­men­tar von Kri­sti­na Hof­mann auf zdf.de am 01.02.21.)

Der Zustand des Ver­bes­sern­wol­lens, das ist echt nett. Hat­te also die Regie­rung vor­her den Zustand des Nicht­ver­bes­sern­wol­lens? Des Ver­schlech­tern­wol­lens viel­leicht sogar? Das hof­fen wir mal nicht.

Und das neue Unwort ist: Impf­vor­dräng­ler! Wenn sich Land­rä­te oder Bür­ger­mei­ster die nicht ver­impf­ten Dosen sprit­zen las­sen. Impf­neid ist der Lei­dens­zu­stand des noch­nicht­dran-sei­en­den Bür­gers! Dabei fin­den die Kon­zer­te ja noch gar nicht statt, zu denen spä­ter mal nur Geimpf­te Zugang haben wer­den. Nicht geimpf­te wer­den nicht ins Kon­zert gelas­sen – das erwägt der Chef von »Even­tim«. Even­tim ist kein Ver­an­stal­ter oder Haus­herr von Ver­an­stal­tun­gen – es ist eine Orga­ni­sa­ti­on, die Kar­ten ver­kauft. Wer dort eine Kar­te bestellt, soll in Zukunft den Impf­aus­weis vor­le­gen (MAZ, 04.02.21). Als näch­stes auch das poli­zei­li­che Füh­rungs­zeug­nis? Und seit wann darf sich ein Ticket­ver­käu­fer als hoheit­li­che Insti­tu­ti­on aufspielen?

Seit die Hohei­ten hohl dre­hen. Jetzt soll eine Taskforce das Testen orga­ni­sie­ren. Und aus wem besteht die­se Ein­greif­trup­pe? Aus Herrn Scheu­er und Herrn Spahn. Also wird natür­lich erst mal für ein paar Mil­lio­nen Euro eine Bera­ter­fir­ma enga­giert, dann wer­den über­teu­er­te Test­kits ange­kauft, und dann wird eine Maut ein­ge­rich­tet, damit die Test­wil­li­gen zah­len müs­sen, aber nur, wenn sie Aus­län­der sind, was wie­der­um den EuGH auf den Plan ruft, der das gan­ze Pro­ze­de­re als nicht mit EU-Regeln zu ver­ein­ba­ren dekla­riert und eine Stra­fe ver­hängt, die wie­der­um die Steu­er­zah­ler zu tra­gen haben, nicht die Her­ren Scheu­er und Spahn, deren Kar­rie­ren unge­bro­chen wei­ter gehen.

Unge­bro­chen ist auch der Gewinn von Daim­ler. Für Daim­ler – wie auch für vie­le ande­re Kon­zer­ne – zahlt sich der »Kurs des Virus« aus: Daim­ler gewinnt! Der Net­to­ge­winn im Geschäfts­jahr 2020 stieg im Ver­gleich zum Vor­jahr um 48 Pro­zent auf vier Mil­li­ar­den Euro, ließ Vor­stands­chef Ola Käl­le­ni­us am 18.02. 21 wis­sen. Und das, obwohl rund 15 Pro­zent weni­ger Autos ver­kauft wur­den. Wie macht man Gewinn bei weni­ger Umsatz? Teu­fels­spuk? Nein: Kurz­ar­bei­ter­geld und Spe­ku­la­ti­ons­ge­win­ne täu­schen gute Geschäf­te vor (MAZ, 19.02.21). Der »Kurs des Virus« lässt die Bör­sen­kur­se stei­gen. Nur wer nicht an der Bör­se notiert ist, den trifft der Kurs des Virus hart.

Und Här­te zahlt sich aus – gegen­über Face­book und Goog­le jeden­falls. Die austra­li­sche Regie­rung hat­te ein Medi­en­ge­setz ver­ab­schie­det, das den Inter­net­kon­zer­nen eine Bezah­lung abver­langt, wenn sie Print­me­di­en-Inhal­te ver­brei­ten. Goog­le und Face­book woll­ten dar­auf­hin den Kon­ti­nent boy­kot­tie­ren, aber Goog­le gab auf, als Micro­softs Such­ma­schi­ne »Bing« ein­sprin­gen woll­te; auch Face­book gab klein bei, nach­dem die Regie­rung bei der Höhe der Zah­lun­gen ein­lenk­te. Unse­ren Anti­po­den blei­ben die Platt­for­men also erhal­ten, und die Ver­le­ger bekom­men Zah­lun­gen. Wäre es wirk­lich zu viel ver­langt, dass die EU dem Bei­spiel Austra­li­ens folgt und Här­te zeigt? Zumin­dest nicht mehr die Kum­pa­nei mit Goog­le, die Gesund­heits­mi­ni­ster Spahn jetzt gericht­lich unter­sagt wur­de. Er hat­te mit Goog­le ver­ein­bart, dass bei Such­an­fra­gen im Gesund­heits­be­reich zuerst eine Info­box erschei­nen soll­te, die vom Gesund­heits­mi­ni­ste­ri­um betrie­ben wird – unab­hän­gig von der Zahl der Anfra­gen, die anson­sten über die Rei­hen­fol­ge des Auf­plop­pens ent­schei­det. Das Land­ge­richt Mün­chen ord­ne­te am 10.02. das sofor­ti­ge Ende die­ser Abspra­che an (Unse­re Zeit, 19.02.21). Es sei nicht glaub­haft gemacht wor­den, dass die­se Info­bo­xen über­haupt Gesund­heits­kom­pe­tenz ver­mit­tel­ten, und der Wett­be­werb sei ver­zerrt wor­den. Die pri­va­ten Anbie­ter von Gesund­heits-Sei­ten for­dern Regress, Herr Spahn ist bla­miert – wie­der ein­mal –, und der Steu­er­zah­ler zahlt. Er zahlt auch die vie­len halb- und ganz­sei­ti­gen Anzei­gen der Bun­des­re­gie­rung in den Zei­tun­gen, die das Imp­fen und die Geduld mit dem Imp­fen den geneig­ten Lesern nahe­brin­gen sol­len. War­um nicht? Die pri­vat­wirt­schaft­li­chen Anzei­gen für rezept­freie Medi­ka­men­te wir­ken ja auch: Mil­lio­nen Umsatz für die Apo­the­ken. Denn was so nett in Anzei­gen steht, wird gern geglaubt. Was Poli­ti­ker sagen, nicht mehr. Der Kurs des Virus hat das nur beschleu­nigt, schuld ist das Virus dar­an nicht.