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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Wer den Schaden hat

Eine Nach­richt des Sta­ti­sti­schen Bun­des­am­tes in Wies­ba­den über wesent­li­che Inhal­te der Pres­se­mit­tei­lung Nr. 341 vom 12. August 2022 brach­te Auf­klä­rung. Sta­ti­sti­ken sind zwar per se nicht jeder­manns Sache und ein Ding an sich. Die Wies­ba­de­ner Bun­des­sta­ti­sti­ker wie­sen dem Ber­li­ner farb­ge­mix­ten Kabi­nett nach: Hier­zu­lan­de wir­ken die per ord­re du muf­ti dik­tier­ten west­li­chen und deutsch ver­schärf­ten Sank­tio­nen gegen die Rus­si­sche Föde­ra­ti­on gera­de­zu kata­stro­phal zurück und schla­gen exi­stenz­be­dro­hend zu Buche.

Russ­land ver­zeich­ne­te näm­lich dank höhe­rer Prei­se für Lie­fe­run­gen (im Bericht nur als Ener­gie getarnt) einen Import­über­schuss im Han­del mit Deutsch­land im 1. Halb­jahr. Das Gegen­teil des apo­dik­ti­schen Wunsch­trau­mes: Mos­kau rui­nie­ren! Es konn­te auf der Haben­sei­te über 14 Mil­li­ar­den Euro (!) ver­bu­chen. Den Kreml und die Sau­dis freut es. Riad unter­liegt, trotz Krieg gegen den Jemen, kei­ner­lei west­li­chen Restrik­tio­nen und hält mit preis­wer­tem rus­si­schem Öl sei­ne Wirt­schaft fit, wäh­rend es das eige­ne pro­fi­ta­bel zu hohen Welt­markt­prei­sen ver­scheu­ert und Markt­wirt­schaft pur in Pra­xis demon­striert. Frack­ing-Gas aus den USA ist in die­ser Hin­sicht eben­so anrüchig.

Die Wies­ba­de­ner Levi­ten mit Zah­len, Tex­ten und Gra­fik­kur­ven, inklu­si­ve aus­führ­li­cher Erläu­te­run­gen, begrün­de­ten selbst­re­dend nicht direkt, wes­halb Früh­stücks­bröt­chen und Brot beim Bäcker um die Ecke so teu­er wur­den und ein sel­te­ner Ver­zehr­wert dem der Nach­kriegs­zeit von 1945 ff. gleich­kommt. Post mei­nes Ener­gie­ver­sor­gers kün­dig­te bereits einen straff erhöh­ten Strom­preis ab 1. Okto­ber an. Bei den erwar­te­ten stei­gen­den Betriebs­ko­sten ähneln sich die Schrei­ben der Vermieter.

Per Video-Pod­cast fällt Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz im Wochen­takt nichts ande­res ein, als an die Bür­ger zu appel­lie­ren, WIR(?) müss­ten uns unter­ha­ken, zusam­men­hal­ten und nicht die Zuver­sicht ver­lie­ren. Avi­sier­te »Ent­la­stungs­pa­ke­te« erwei­sen sich als wert­lo­se unge­deck­te Schecks auf die Zukunft, bevor sie im mini­ste­ri­el­len Hick­hack mit dem neo­li­be­ra­len Finanz­mi­ni­ster und im lang­wie­ri­gen Bun­des­tagspro­ce­de­re abge­seg­net wur­den. Kri­se und Infla­ti­on galop­pie­ren schnel­ler. Es ist unver­schämt, uns als Bür­ge­rin­nen und Bür­ger für die total ver­fehl­te Poli­tik in Voll­haf­tung zu neh­men und die Kosten aufzubürden.

Besä­ße die Kanz­ler­trup­pe nur ein Fünk­chen Anstand und Respekt vor den Wäh­lern, dann wür­de ihr Spit­zen­mann die längst über­fäl­li­ge Ver­trau­ens­fra­ge stel­len. Auch der Bun­des­tag selbst könn­te die­sem Kanz­ler sein Miss­trau­en aus­spre­chen und den Bun­des­prä­si­den­ten ersu­chen, ihn zu ent­las­sen, um die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land als demo­kra­ti­schen und sozia­len Bun­des­staat nicht einem exor­bi­tan­ten poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Nie­der­gang aus­zu­set­zen. Mehr­heits­ver­hält­nis­se hin oder her, es wäre ein Signal für ein Funk­tio­nie­ren der frei­heit­lich-demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung ohne Frak­ti­ons­zwang. Die wöchent­li­chen Umfra­gen der Demo­sko­pen könn­ten sogar eine Volks­be­fra­gung dring­lich wer­den las­sen. Ganz abge­se­hen davon, dass in der bran­den­bur­gi­schen CDU eine Stim­me laut wur­de, NordStream2 in Betrieb zu neh­men. Offen­sicht­lich ein christ­de­mo­kra­ti­scher Versuchsballon.

Viel­leicht genügt es für sach­li­che Begrün­dun­gen durch die Oppo­si­ti­on, anhand der Dar­stel­lun­gen auf der Web­sei­te des Sta­ti­sti­schen Bun­des­am­tes die Fol­gen der Sank­tio­nen für Gesell­schaft und Wirt­schaft tief­ge­hen­der zu beleuch­ten und ein Umsteu­ern zu beför­dern. Zum Bei­spiel war die Rus­si­sche Föde­ra­ti­on 2021 mit Lie­fe­run­gen von ins­ge­samt rund 26,6 Mil­lio­nen Ton­nen und mit 12,2 Mil­lio­nen fos­si­len Ener­gie­trä­gern der wich­tig­ste Han­dels­part­ner deut­scher See­hä­fen. Dort wehen die Fah­nen auf Halb­mast. Als eine wei­te­re Wahr­heit käme ans Licht, dass 2021 zwar mehr als 11 Mil­lio­nen Ton­nen Getrei­de nach Deutsch­land impor­tiert wur­den – nur zwei Pro­zent kamen aus der Ukrai­ne und Russ­land. Die Bun­des­re­pu­blik ist selbst aber wei­ter­hin gro­ßer Expor­teur von Wei­zen und lie­fer­te 7,1 Mil­lio­nen Ton­nen im Wert von 1,7 Mil­li­ar­den Euro in ande­re Länder.

Mar­cel Fratz­scher, Chef des Deut­schen Insti­tuts für Wirt­schafts­for­schung, pro­gno­sti­zier­te im August über etwa drei Jah­re einen Anstieg des Brut­to­in­lands­pro­dukts um nur 1,5 Pro­zent. Das bedeu­tet ein Minus von 150 bis 200 Mil­li­ar­den Euro an Wirtschaftsleistung.

Die Fata Mor­ga­na vom kana­di­schen Was­ser­stoff wird es nicht rich­ten. Stu­di­en von Green Pla­net Ener­gy bele­gen: Wür­den Par­la­ment, Kanz­ler und Wirt­schafts-mini­ster end­lich den recht­li­chen Rah­men schaf­fen – statt das Heil in Katar, bei den Sau­dis oder in Neu­fund­land zu suchen – könn­ten bis 2030 fünf grü­ne Giga­watt an Ener­gie regio­nal erzeugt wer­den. Wenn das Wört­chen WENN nicht wäre …

Auch Polen droht ein kal­ter Win­ter. Mini­ster­prä­si­dent Mora­wi­ecki warf bereits im Mai dem nörd­li­chen Nach­barn vor, »unge­rech­te Öl- und Gas­ein­nah­men« zu machen. Dies sei eine »indi­rek­te Aus­beu­tung des von Putin begon­ne­nen Krie­ges«. Laut RT DE sag­te er auf dem Kon­gress des Natio­na­len Jugend­dia­logs sogar: »Aber soll­ten wir Nor­we­gen gigan­ti­sche Sum­men für Gas zah­len – vier- oder fünf­mal mehr als noch vor einem Jahr? Das ist krank.« Recht hat er.

Am vir­tu­el­len Markt­platz Tit­le Trans­fer Faci­li­ty in den Nie­der­lan­den stieg der von dort bestimm­te Preis inner­halb eines Jah­res von 27 auf 321 Euro pro Mega­watt­stun­de. Der Mal­strom der Sank­tio­nen bleibt unbe­re­chen­bar. Auf Gedeih und Ver­derb funk­tio­niert allein die Dik­ta­tur der Marktwirtschaft.

Wer den Scha­den hat, soll­te sich von den Sire­nen­klän­gen des Tri­os Kata­stro­pha­le nicht län­ger in die poli­ti­sche Irre locken lassen.